Nature: 3.2.2005, Vol. 433, No. 7025 pp 506-508

Trichlorethan-Emissionen in Europa nach unten korrigiert

02.02.2005 | CORNELIA ZOGGALL

Ein Empa-Forscher schätzt gemeinsam mit seinem internationalen Team die europäischen Emissionen des Ozon abbauenden Trichlorethan als relativ tief ein. Damit widerspricht er den vor kurzem publizierten Ergebnissen einer europäischen Messkampagne. Diese gibt Werte von etwa 20'000 Tonnen pro Jahr an. Die neusten Resultate der Empa zeigen dagegen, dass in Europa wesentlich geringere Mengen pro Jahr emittiert werden, nämlich zwischen 300 und 3’400 Tonnen. Das Wissenschaftsmagazins „Nature“ publiziert diese neusten Forschungsergebnisse in der aktuellen Ausgabe.

https://www.empa.ch/documents/56164/310388/a592-2005-02-03-b1x_Jungfrau.jpg/cba1d104-0ab6-49ae-9e11-2e341e244a14?t=1448300572000
 

Seit Mitte der 1990er-Jahre haben die weltweiten Trichlorethan-Emissionen von 700’000 auf weniger als 20’000 Tonnen pro Jahr abgenommen, so eine Schätzung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Gross war deshalb die Überraschung, als eine europäische Messkampagne im Jahr 2000 allein für Europa die Emissionen auf 20'000 Tonnen pro Jahr schätzte, was etwa einer Menge von 1000 Güterwagen entspricht. Damit wäre das Montreal-Protokoll, das die Verwendung von Trichlorethan in Europa seit 1996 verbietet, in Frage gestellt. Neuste Auswertungen eines internationalen Forscherteams um Stefan Reimann, Umweltchemiker an der Empa, ergeben allerdings weitaus niedrigere Werte.

Trichlorethan wurde bis Anfang der 1990er-Jahre in grossen Mengen in der Industrie zur Reinigung von Metallteilen und als Lösemittel eingesetzt. Aufgrund ihrer Langlebigkeit gelangt die Substanz bis in die Stratosphäre und trägt dort zum Abbau der Ozonschicht über den Polgebieten bei. Seit mehreren Jahren misst deswegen die Empa in Zusammenarbeit mit dem BUWAL Trichlorethan und die ebenfalls Ozon abbauenden FCKWs auf dem Jungfraujoch.

 
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Mace Head ist die Messstation auf Meeresniveau für Nordwesteuropa.
 

Reimann hat nun mit seinem Team im Rahmen eines EU-Projekts (SOGE) die Messreihen zusammen mit Messungen aus Mace Head an der Westküste von Irland analysiert. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass in Europa zurzeit nur noch zwischen 300 und 3'400 Tonnen pro Jahr emittiert werden“, so Reimann.

 

Die Kampagne vom Sommer 2000 scheint also die europäischen Trichlorethan-Emissionen überschätzt zu haben. Den Grund hierfür vermutet Reimann darin, dass die Ergebnisse auf nur viertägigen Messungen beruhen. „Wahrscheinlich traten in Europa während dieser kurzen Periode aussergewöhnliche Ereignisse auf. Diese könnten die damaligen Messungen beeinträchtigt haben“. Im Gegensatz dazu basieren die Werte der Empa auf mehrjährigen Messreihen und können somit Schwankungen in den Trichlorethan-Konzentrationen auch langfristig berücksichtigen.

Die neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass in Europa die Bestimmungen des Montreal-Protokolls für das Trichlorethan weitgehend eingehalten werden. Die von der Empa abgeschätzten Emissionen sind allerdings immer noch beträchtlich, da Trichlorethan ja eigentlich seit Jahren verboten ist. Als mögliche Quellen diskutieren die Wissenschaftler den illegalen Gebrauch kleinerer Mengen aus gehorteten Lagern oder Emissionen aus Abfalldeponien.

Wichtig ist das Abschätzen der Trichlorethan-Emissionen nicht nur für den Ozonabbau in der Stratosphäre. „Durch Kombination dieser Abschätzungen mit den langjährigen Messungen lässt sich die Konzentration von Hydroxylradikalen in der Atmosphäre ableiten“, so der Umweltchemiker Reimann. „Und diese Radikale sind besonders interessant, da sie einen grossen Teil der von den Menschen verursachten Luftverschmutzung beseitigen“. Sie werden daher auch als das Reinigungsmittel der Atmosphäre bezeichnet. Es droht jedoch die Gefahr, dass die global zunehmende Luftverschmutzung dieses Reinigungsmittel überfordert. Im schlimmsten Fall wäre eine ungebremste Verschmutzung der Atmosphäre die Folge. Also ist das Vorhandensein von Hydroxylradikalen in der Atmosphäre für die Luftreinhaltung von grosser Bedeutung.

Die von der Empa nach unten korrigierten Abschätzungen der Trichlorethan- Emissionen in Europa erlauben, genauere Aussagen über die Konzentrationsveränderung der Hydroxylradikale zu machen.

 Bärbel Zierl

Kontakt

Dr. Stefan Reimann, Abteilung Luftfremdstoffe / Umwelttechnik
Tel. 044 823 4638,

Dr. Brigitte Buchmann, Abt. Luftfremdstoffe / Umwelttechnik

Tel. 044 823 41 34,

 
 
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