Herr Elber, warum braucht die Energieforschung der
Empa einen Geschäftsführer?
Für die neu geschaffene Stelle gibt es
verschiedene Gründe: Rund 40% aller Empa-Forschungsprojekte
betreffen den Energiebereich, die meisten davon mit externen
Partnern aus Forschung und Industrie, zum Beispiel die neuen
Forschungsplattformen «NEST» und «Future
Mobility», bei denen Systemaspekte eine bedeutende Rolle
spielen. Energieforschung wird also zunehmend komplexer. Es ist
notwendig, dass wir je länger, je mehr in grösseren
Zusammenhängen denken, forschen und handeln – also vom
Ernten und Transport der Energie über das Speichern und
Umwandeln bis hin zur Steuerung des Verbrauchs. Wir als Bürger
müssen am Ende nicht nur darüber entscheiden, welche Art
Energie wir wollen, sondern vor allem, welchen Paradigmenwechsel
wir dafür in Kauf zu nehmen bereit sind. Denn jede Option wird
auch Nachteile haben.
Können Sie das näher ausführen? Wenn
ich mir beispielsweise eine Solaranlage aufs Dach setze und damit
Ökostrom ernte – wo ist da der Nachteil?
Zunächst haben Solarpanels noch ein enormes
Verbesserungspotenzial: effizientere, billigere und besser
integrierbare Module, weniger CO2-belastete
Herstellungsmethoden etc. Und dann kann es vor allem im Sommer,
wenn viel Solarleistung ins Netz einspeist wird, dazu kommen, dass
mehr Solarstrom erzeugt wird als zu diesem Zeitpunkt benötigt.
Das bedeutet, dass das Energiesystem viel flexibler werden muss.
Beispielsweise müssen wir Speicher, auch saisonale,
entwickeln, um diese Überschüsse abzufangen. Dazu
müssen wir neue Wege suchen.
Zum Beispiel?
Eigentlich kann man ja nie «zu viel»
Solarenergie haben; man muss lediglich die Menge, die nicht vom
Stromnetz aufgenommen oder direkt gespeichert werden kann, in
andere Bereiche überführen – etwa in die
Mobilität. Man kann Elektroautos aufladen, solaren Wasserstoff
für Brennstoffzellenfahrzeuge herstellen oder aus diesem und
dem Treibhausgas CO2 synthetisches Erdgas erzeugen. Wir
brauchen an heissen Sommertagen keine Solarenergie zum Heizen
– aber wir können immerhin damit fahren und so mehr und
mehr importierte fossile Energie ersetzen. Eine zweite
Möglichkeit sind effiziente Langzeitspeicher. Und schliesslich
können wir den Verbrauch so steuern, dass er mit der Erzeugung
besser übereinstimmt. Wenn also immer mehr Solarzellen auf
Hausdächern montiert werden, wirft dies Folgefragen auf. Aber
die sind lösbar.
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