Flüssig-Fest Zwischenphase

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Fluide zeigen in der Nähe von Festkörpern oft neue physikalische Eigenschaften, welche sich teils deutlich vom Volumenverhalten unterscheiden. Diese neuen physikalischen Eigenschaften an der Nanometer dicken Zwischenphase werden hier untersucht.

Der Begriff “Einschluss” (engl. confinement) wird oft verwendet, um die Nanometer dicke Zwischenphase mit neuen Eigenschaften zu bezeichnen. Dabei treten die physikalischen Effekte stärker zutage, wenn es sich um einen beidseitigen Einschluss zwischen zwei Oberflächen handelt.

Aber wie verändern sich die physikalischen Eigenschaften? Wir betrachten das anhand einiger Beispiele:

Modifizierte Wasser-Struktur in der Zwischenphase

Wasser ist unbestritten das relevanteste kleine Molekül in der Biosphäre. Es beteiligt sich gleichermassen an biochemischen Reaktionen in unseren Zellen als auch an Reaktionen auf Implantatoberflächen oder gar auf technischen Oberflächen, die der feuchten Atmosphäre ausgesetzt sind.

Es ist bereits hinreichend bekannt, dass das Wassermolekül ungewöhnliche Eigenschaften aufweist dank den verschiedenen Arten von Wechselwirkungskräften, die vom Wassermolekül ausgehen können; dazu gehören Van der Waals Kräfte, Dipol-Wechselwirkungen und die Fähigkeit bis zu vier richtungsbestimmende Wasserstoffbrücken auszubilden. In einem neuen Teil unserer Forschung wollen wir die relative Stärke dieser Wechselwirkungen verschieben, um neue Wassereigenschaften in der Zwischenphase zugänglich zu machen. Eine Möglichkeit ist, Wasser in einer Matrix einzuschliessen, so dass der mittlere Abstand zwischen den Wassermolekülen soweit zunimmt, dass die Wasserstoffbrückenbildung unterbunden wird, aber die Dipolwechselwirkung dank grösserer Reichweite erhalten bleibt. Eine Verschiebung in die andere Richtung ist möglich, wenn sich Wasser in der unmittelbaren Nähe einer Oberfläche mit einem verstärkten Dipolmoment befindet.

Wir untersuchen die veränderte Struktur von solchen wässrigen Nanoschichten mit einem einzigartigen Instrument, dem extended Surface Forces Apparatus (eSFA). Das Spezielle an unserem Instrument ist die Möglichkeit, die stoffliche Zusammensetzung in der abgedichteten Messzelle genau einzustellen und über die Messdauer perfekt zu halten. Daraus ergeben sich Möglichkeiten wie die Messung mit entgasten Flüssigkeiten, gas-angereicherten Lösungsmitteln oder superkritischen Fluidien wie CO2 oder die Messung von anderen kritischen Zusammensetzungen oder Orte im Fluid Phasendiagramm…

 

Referenz:

D. Hegemann, N. Hocquard and M. Heuberger, Scientific Reports 2017, 7.

Innere Struktur einer elektrischen Doppelschicht

Ein anderes wichtiges Beispiel ist die elektrische Doppelschicht in einer wässrigen Salzlösung wo sich die Oberfläche elektrisch aufladen kann, z.B. wenn Ionen der Oberfläche vom Wasser gelöst werden. Durch diese lokale Ladungstrennung entsteht eine elektrische Doppelschicht (EDL) in der Nähe der Oberfläche. Während das Phänomen seit langem bekannt ist, gibt es immer noch offene Fragen bezüglich der genauen Struktur von Wasser und Ionen in einem EDL. So versagen etablierte Modelle wie die DLVO Theorie in schmalen Poren (=eingeschlossene Flüssigkeit) oder bei Salzkonzentrationen bereits ab 10% der Sättigung.

In Zusammenarbeit mit dem ETH Institut LSST, dem Paul Scherrer Institut (PSI) und der Universiät Ilinois, USA untersuchen wir diese Struktur mit dem extended surface forces apparatus (eSFA) sowie Röntgen Streuung. Dabei haben wir herausgefunden, dass (Gegen-) Ionen eine Schale aus Wasser mit sich führen und so als Ångstom-grosser „weicher Kugeln“ auftreten, die sich in geordneten Schichten an Oberflächen anlagern können; vergleichbar mit Tennisbällen am Boden einer Box. Die Auflösung unserer Kraftmessung erlaubt es uns, diese Schichten direkt zu erspüren und darüber hinaus feine Übergänge zu detektieren, welche von der Umlagerung von Wasser resultieren. Ein besseres Verständnis dieser EDL Struktur ist wichtig, um Vorgänge von biologischen Wechselwirkungen aber auch technisch relevante Themen wie Verwitterung von Stein beeinflussen zu können.

 

Referenzen:

  • M. P. Heuberger, Z. Zachariah, N. D. Spencer and R. M. Espinosa-Marzal, Physical Chemistry Chemical Physics 2017, 19, 13462-13468.
  • Z. Zachariah, R. M. Espinosa-Marzal and M. Heuberger, Journal of Colloid and Interface Science 2017, 506, 263-270.
Kritische und superkritische Casimir Kräfte
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Unser weltweit einzigartiges Oberflächen-Kraft Messgerät (eSFA) erlaubt es uns auch eingeschlossene Fluide wie CO2 unter kritischen oder superkritischen Bedingungen (Druck und Temperatur) zu untersuchen. Wir haben bei ersten Untersuchungen potentiell wichtige attraktive Kräfte in Nanometer Poren entdeckt, welche beispielsweise bei der Verarbeitung oder Schäumung von Kunststoffen mit Druckfluiden neue Perspektiven eröffnen können.

 

Referenzen:

  • Schurtenberger, E. and M. Heuberger (2011). "The extended surface forces apparatus. Part IV: Precision Static Pressure Control." Review of Scientific Instruments 82(103902): 8.
  • Schurtenberger, E. and M. Heuberger (2012). "Supercritical Casimir Effect in Carbon Dioxide." Journal of Supercritical Fluids 71: 120-126.
Adsorptions-Sensor

Zu unseren Untersuchungen an Oberflächen benutzen wir auch einen neuartigen Weisslicht-interferometrischen Adsorptions-Senor (TInAS). Diese Methode erlaubt es uns, die Anlagerung von Molekülen an einer festen Oberfläche aus einem Fluid mit grosser Empfindlichkeit zu verfolgen. Die Methode ist empfindlich genug, um die Anlagerung von hauchdünnen Wasserfilmen auf einem Kristall bei variierender Luftfeuchtigkeit und konstanter Temperatur (Adsorptionsisotherme) oder die Anlagerung von Antigenen an gebundene Antikörper zu sehen. Aktuell setzen wir diese Methode ein, um die Anlagerung von Proteinen und anderen Molekülen auf unsere neu entwickelten Plasmapolymer Schichten zu untersuchen.

Wir erweitern diese Methode ständig; so arbeiten wir jetzt an einer optischen Auswertung, welche es erlaubt, Änderungen im Brechungsindex von adsorbierten Molekülen festzustellen. Dies kann nützlich sein, um Änderungen in der Hydrierung oder Konformationsänderungen zu verfolgen.

Eine wichtige Stärke der Methode ist die Einfachheit und der geringe Preis der benötigten Komponenten.

 

Referenzen:

  • Balmer, T. E., et al. (2008). "The Effect of Surface Ions on Water Adsorption to Mica." Langmuir 24: 1566-1569.
  • Heuberger, M. and T. Balmer (2007). "The Transmission Interferometric Adsorption Sensor." Journal of Physics D: Applied Physics 40: 7245-7254.
  • Hegemann D., Blanchard N., Heuberger M., (2015) submitted to Advanced Materials & Interfaces.          
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