Neuartige Bodenplatten

Saubere Füsse auch nach dem Festival

27.08.2014 | MARTIN RECHSTEINER
Spezielle Unterlegeplatten erleichtern neuerdings das Leben der Open-Air-Fans. In Zusammenarbeit mit der Empa hat die Firma Supramat-Swiss GmbH ein Produkt entwickelt, das den Boden schützt und verhindert, dass Schlamm entsteht. Dank ihrer Konstruktionsweise sind sie leicht zu transportieren und mit geringem Aufwand grossflächig verlegbar. Darüber hinaus haben die Empa und ihr Industriepartner auch Unterlegeplatten optimiert, die schweres Gerät vor dem Versinken im Schlamm bewahren und temporäre Strassen zu schwer zugänglichen Orten bilden. Damit lassen sich beispielsweise Flugzeuge, die von der Piste abgekommen sind, schnell bergen.
https://www.empa.ch/documents/56164/256671/a592-2014-08-28-b0s+stopper+Scobavent.jpg/e0d29bf6-b2db-47df-957f-185287a589aa?t=1448295972000
 

Bildquelle: iStockphoto.com

 
Sie lassen die Vorfreude auf so manche Open-Air-Veranstaltung dahinschmelzen wie Butter in der Sonne: Die Aussicht auf schlechtes Wetter und die Vorstellung, wie darauf in kürzester Zeit das gesamte Gelände in braunem, übelriechendem Matsch versinkt. Doch Schlammfestivals, wie es sie auch in diesem Sommer wieder gegeben hat, könnten bald der Vergangenheit angehören. Zusammen mit der Firma Supramat-Swiss GmbH hat die Empa leichte, grossflächig verlegbare Bodenplatten aus einem mit Glasfasern versetzen Polymer entwickelt. «Sie sind leichter und dünner, haben aber eine grössere Fläche als die bislang an Grossanlässen benutzten sechseckigen Platten in Wabenform», sagt Christian Affolter, Forscher in der Empa-Abteilung «Mechanical Systems Engineering». Die geringe Dicke der rechteckigen Platten von zehn Millimetern und die Fläche von knapp einem Quadratmeter erleichtern den Transport und auch die Verlegung – nun ist es möglich, mit geringerem Aufwand grössere Flächen abzudecken. Neu dabei ist nicht nur die Verwendung eines speziellen, sehr stabilen aber zugleich leichten Werkstoffverbunds sondern auch das Konzept, sie zu verbinden. Herkömmliche wabenförmige Platten werden beim Verlegen mit einer Art Hakensystem aneinander gehängt. Die an der Empa entwickelten «Scobavent®»-Platten stecken die Aufbau-Teams über spezielle Laschen an ihren Kanten aneinander. Resultat ist ein lückenloser «Platten-Teppich», der so gut wie keinen Schlamm durchdrücken lässt. «Scobavent» wird zurzeit von einer grossen Schweizer Dienstleistungs-Firma für Festivals an diversen Anlässen getestet.
 

 
Size 268 KB
  Christian Affolter mit einer «Scobavent»-Platte für Festivals. Im Hintergrund sind Anlagen zu sehen, die zur Prüfung des Produkts verwendet worden sind. Bildquelle: Empa
 

 
Die Idee, mit verlegbaren Platten Matsch von den Füssen der Festivalgäste fernzuhalten, ist nicht neu. Richard Steger von der Supramat-Swiss GmbH kam mit der Vision an die Empa, ein Produkt zu entwickeln, das leicht und mehrfach wiederverwendbar den Markt revolutionieren sollte. Daraus entstand ein von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unterstütztes Projekt: Die Empa entwickelte und erprobte die Platten, die Supramat-Swiss GmbH lieferte nebst Know-how die nötigen Apparaturen und Produktionsabläufe und plante die Markteinführung. «Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert. Durch die Kooperation mit der Empa machte das Projekt rasch Fortschritte», sagt Richard Steger.
 

 
Size: 195 KB
  Die «Scobavent»-Platten im Festival-Einsatz. Sie decken den Boden lücken-los ab und verhindern Schlammbildung. Bildquelle: Supramat Swiss, GmbH
 

 
Platten zur Bergung von Flugzeugen oder temporäre Strassen zu schwer zugänglichen Orten
Die Forschungen beschränkten sich jedoch nicht nur auf die «Scobavent»-Platten für Grossevents, sondern lieferten auch ein Produkt «fürs Grobe»: Eine zweite Platten-Gattung der Supramat-Swiss GmbH, die an der Empa gemeinsam weiterentwickelt wurde, trägt den Namen «Scobamat». Sie ist überall einsetzbar, wo schweres Gerät den weichen Untergrund zu zerstören droht oder gar darin einsinkt. Zu einem Weg ausgelegt, können die Platten eine sichere temporäre Strasse zu schwer zugänglichen Orten für grosse Fahrzeuge bilden. Tests mit Baggern, Feuerwehrfahrzeugen und einem 60 Tonnen schweren Kran haben die Platten problemlos gemeistert.
 

 
Size: 231 KB
  Simulationen am Computer halfen in der Entwicklungsphase, Schwachpunkte der «Scobomat»-Platten ausfindig zu machen und zu beseitigen. Bildquelle: Empa
 

 
«Schon jetzt,» berichtet Steger, «werden die Platten weltweit von Flughafenbetreibern eingesetzt. Damit lassen sich auch auf unbefestigtem Terrain Flugzeuge bis zu einer A380 schnell bergen, die von der Piste abgekommen sind». Mögliche Abnehmer für die Platten seien aber auch Bauunternehmen oder das Militär.
 

 
Size: 187 KB
  Linke Bildhälfte: 60 Tonnen drücken auf die «Scobo-mat»-Platten – der Boden darunter bleibt unversehrt. Bildquelle: Supramat Swiss, GmbH
Rechte Bildhälfte: Bei einem Test mit der Berufsfeuerwehr des Flughafens Zürich führen die «Scobamat»-Platten das Fahrzeug sicher über den aufgeweichten Boden.  Bildquelle: Supramat Swiss, GmbH
 

 
Die Konstruktionsweise der «grossen, roten Schwestern» unterscheidet sich grundsätzlich von den schwarzen Festival-Platten. «‹Scobamat› wird nicht wie ‹Scobavent› aus einer Rohmasse gepresst, sondern ist im Schichtsystem aufgebaut», erklärt Affolter. Dazu werden Fiberglasgewebe mit einem Epoxidharz laminiert. Darauf folgt eine nächste Schicht, in der die Glasfasern quer zu den Vorherigen angelegt sind und ebenfalls mit dem Harz getränkt werden, welches dem Verbund seine Festigkeit verleiht. Mehrere solcher Schichten ergeben schlussendlich eine stabile, in alle Richtungen biegsame Laminat-Platte von zwei auf vier Metern, die den Weg zu einer Baustelle über weichen Untergrund ebnen kann. Die roten «Scobamat»-Platten sind imstande, Fahrzeuge mit einem Gewicht von bis zu 25 Tonnen pro Rad zu tragen. So muss beispielsweise nicht mehr mühsam erst ein Kiesweg zur Baustelle angelegt werden, bevor dort mit dem Bau begonnen werden kann. Die einzelnen Platten der Strasse aus Harz und Glas werden mit Kunststoffdübeln oder Erdnägeln im Boden verankert, damit sie beim Befahren nicht verrutschen können.

Text: Martin Rechsteiner, Empa
 
 
 

Bilder-Download (Flickr)

 
 
 

Weitere Informationen


Redaktion / Medienkontakte