«Nature»-Studie von Empa und ETH Zürich

3D-Nanopartikel in atomarer Auflösung

17.02.2011 | SIMONE ULMER
Wissenschaftlern der Empa und der ETH Zürich ist es gemeinsam mit niederländischen Kollegen erstmals gelungen, die dreidimensionale Struktur einzelner Nanopartikel in atomarer Auflösung zu bestimmen. Das Verfahren, das in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht wurde, könnte es in Zukunft ermöglichen, die Eigenschaften von Nanoteilchen besser zu verstehen.
https://www.empa.ch/documents/56164/273088/a592-2011-02-17-b1x+stopper+Nanopartikel.jpg/85326ccd-edd2-42e7-955d-078b368bf1b6?t=1448297717000
 
Legende: Erstmals ist es Forschern gelungen, die Anordnung der einzelnen Atome und deren Anzahl in einem Nanopartikel zu bestimmen. Das Silberpartikel hat einen Durchmesser von rund zwei Nanometer.
 
Nanoteilchen haben andere chemische und physikalische Eigenschaften als ihre «grossen Geschwister»: Sie haben im Verhältnis zur Masse eine sehr grosse Oberfläche und gleichzeitig eine geringe Anzahl von Atomen. Dadurch kann es etwa zu Quanteneffekten kommen, die zu veränderten Materialeigenschaften führen. Beispielsweise lässt sich aus Nanomaterialien hergestellte Keramik verbiegen und eine Goldmünze ist goldfarben, während ein Nanoteilchen aus demselben Material rötlich ist.
 
Neue Methode entwickelt
Die Eigenschaften von Nanopartikeln werden bestimmt durch ihre exakte dreidimensionale Struktur, die atomare Anordnung und im Besonderen auch durch die Oberflächenbeschaffenheit. In einer neuen Studie, die von der ETH-Wissenschaftlerin Marta Rossell und dem Empa-Forscher Rolf Erni initiiert wurde, gelang es nun erstmals, die dreidimensionale Struktur von einzelnen Nanoteilchen auf atomarer Basis zu bestimmen. Das neue Verfahren könnte in Zukunft dazu beitragen, die Beschaffenheit von Nanoteilchen, inklusive deren Reaktivität und Toxizität, besser zu verstehen.
 
Schonendes Verfahren zur Bildgebung
Für ihre elektronenmikroskopischen Untersuchungen, die in der renommierten Fachzeitschrift «Nature» publiziert wurden, präparierten Rossell und Erni Silber-Nanoteilchen in einer Aluminium-Matrix. Die Matrix vereinfacht es, die Nanopartikel unter dem Elektronenstrahl in verschiedene kristallographische Orientierungen zu kippen und schützt gleichzeitig die Partikel vor Schäden durch die Elektronenstrahlen. Voraussetzung für die Studie war ein spezielles Elektronenmikroskop, das eine maximale Auflösung von weniger als 50 Pikometer erreicht. Zum Vergleich: Der Durchmesser eines Atoms beträgt etwa ein Ångström, das sind 100 Pikometer.
 
Zur zusätzlichen Schonung der Probe wurde das Elektronenmikroskop so eingestellt, dass es auch bei niedriger Beschleunigungsspannung, bei 80 Kilovolt, Bilder in atomarer Auflösung lieferte. Normalerweise arbeiten derartige Elektronenmikroskope, von denen es weltweit nur einige wenige gibt, bei 200 oder 300 Kilovolt. Die beiden Wissenschaftler nutzten für ihre Experimente ein Mikroskop am kalifornischen Lawrence Berkeley National Laboratory. Vervollständigt wurden die experimentellen Daten durch zusätzliche elektronenmikroskopische Messungen an der Empa.
 
Geschärfte Bilder
Anhand der mikroskopischen Aufnahmen erstellte dann Sandra Van Aert von der Universität Antwerpen Modelle, die die Aufnahmen «schärften» und deren Quantifizierung erlaubten. Dadurch konnten die Forscher die einzelnen Silberatome im Kristallgitter des Nanoteilchens entlang der unterschiedlichen kristallographischen Orientierungen zählen.
 
Um die exakte dreidimensionale Atomanordnung im Nanoteilchen zu bestimmen, zogen Rossell und Erni schliesslich den Tomographie-Spezialisten Joost Batenburg aus Amsterdam hinzu, der mit Hilfe spezieller mathematischer Algorithmen die Anordnung der Atome im Nanopartikel tomographisch rekonstruierte. Lediglich zwei Aufnahmen genügten, um das Nanoteilchen mit seinen 784 Atomen nachzubilden. «Bis anhin konnten nur die groben Umrisse von Nanoteilchen anhand vieler Aufnahmen aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt werden», so Marta Rossell. Atomstrukturen hingegen konnten ohne experimentelle Grundlagen nur am Computer simuliert werden.
 

«Anwendungen des Verfahrens, etwa zur Charakterisierung von dotierten Nanoteilchen, sind nun geplant», sagt Rolf Erni. So könne mit der Methode in Zukunft etwa festgestellt werden, welche Atom-Konfigurationen an der Oberfläche der Nanopartikel aktiv werden, wenn diese beispielsweise toxisch oder katalytisch wirken. Rossell betont, dass sich die Studie im Prinzip auf alle Nanopartikel anwenden lässt. Voraussetzung seien jedoch experimentelle Daten, wie sie in der Studie gewonnen wurden.

Autorin: Simone Ulmer/ETH Life

 
 


 

Literaturangabe
Van Aert S, Batenburg KJ, Rossell MD, Erni R & Van Tendeloo G: Three-dimensional atomic imaging of crystalline nanoparticles, Nature (2011), doi:10.1038/nature09741


 

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