Neues Buch zu Pilzerkrankungen von Stadtbäumen

Heilen statt Fällen

26.03.2018 | CORNELIA ZOGG

Auch Bäume können krank werden. In Stadtgebieten hat das meist zur Folge, dass der befallene Baum aus Gründen der Sicherheit gefällt werden muss. Empa-Forscher Francis Schwarze kennt sich mit Holz und Pilz-Schaderregern aus und hat Methoden entwickelt, Bäume ohne verletzende Verfahren zu beurteilen und, falls nötig, mittels ausgewählter Antagonisten zu heilen. Sein Wissen zu diesem Thema hat er nun in einem neuen Buch publiziert.

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Fruchtkörper von Meripilus giganteus, der mit dem Trichoderma harzianum behandelt wurde. Nach zehntägiger Behandlung ist der Fruchtkörper stark besiedelt von Trichoderma harzianum und weitgehend zerstört.

Ist ein Baum von holzzersetzenden Pilzen befallen, wird das Holz im Inneren des Baumes über einen Zeitraum von vielen Jahren zersetzt, bis er im schlimmsten Fall umstürzt. Passiert das im Wald, ist das meist keine grosse Sache – im Stadtgebiet hingegen kann es verheerende Auswirkungen haben. Aus diesem Grund sind städtische Ämter verpflichtet, an ihren Bäumen jährliche Sichtkontrollen durchzuführen.

Besteht ein begründeter Verdacht auf Schäden – etwa, wenn so genannte Pilzfruchtkörper erkennbar sind –, ist eine fachmännische Untersuchung nötig. Für diese Analysen kommen allerdings häufig Diagnoseverfahren zum Einsatz, die den Baum verletzen (z.B. Bohrwiderstands- und Schallgeschwindigkeitsmessungen oder eine Bohrkernentnahme). Damit kann der Experte dann das Ausmass der Holzzersetzung erfassen. In vielen Fällen stellen die verursachten Wunden indes Eintrittspforten für weitere Pilzinfektionen dar. Oder aber der Pilz kann sich (aus einem befallenen Baum) dadurch schneller ausbreiten.

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Francis Schwarze in seinem Labor in St. Gallen, wo er an verschiedenen Möglichkeiten zum Einsatz von Pilzen arbeitet, vom modifizierten Holz für Geigen bis hin zu natürlichen Antagonisten für die Holzbefallbehandlung. Bild: Mareycke Frehner

Bei Früherkennung ist eine Heilung möglich

Empa-Forscher Francis Schwarze nutzt sein über 25 Jahre weltweit gesammeltes Wissen, um die Interaktionen zwischen Bäumen und Pilzen ganzheitlich zu beurteilen – und zwar ohne verletzende Diagnosemethoden. Dieses Wissen stellt er nun allen zur Verfügung, die sich beruflich mit dem Erhalt von Bäumen beschäftigen oder sich generell für die Biologie von Bäumen und Pilzen interessieren: Sein Buch «Diagnose und Prognose der Fäuledynamik in Stadtbäumen» erscheint diese Woche und ist nicht nur ein wertvoller Ratgeber bei der Bestimmung holzzersetzender Pilze, sondern ermöglicht es auch, Langzeitprognosen über den Verlauf der Holzzersetzung im Baum zu treffen.

An Stadtbäumen wird die Stand- und Bruchsicherheit eines Baumes meistens von holzzersetzenden Pilzen beeinträchtigt. Eine Bekämpfung des Schaderregers mit Bioziden ist in der Schweiz und in den meisten EU-Ländern verboten; die einzige Möglichkeit ist das Fällen des erkrankten Baumes. Ebenfalls ein Punkt, bei dem Schwarze Abhilfe schaffen kann. Denn Heilung ist im Frühstadium einer Holzzersetzung durchaus möglich.

Pilz gegen Pilz

In seinem Labor an der Empa in St. Gallen arbeitet Schwarze intensiv mit ausgewählten Pilzen, die man als natürliche Gegenspieler («Antagonisten») gegen holzzersetzende Pilze einsetzen kann. So sucht er beispielweise bei pilzbefallenen Bäumen nach Mykoparasiten, das sind Pilze, die sich vom Schädling ernähren und somit den Infektionsdruck im Boden minimieren. Mit der Folge, dass der Baum neue, gesunde Wurzeln bilden kann. Ebenfalls lassen sich so bereits im Boden von Parks und Gärten vorhandene Schaderreger wie der Hallimasch in Schach halten.

Diese Strategie hat Schwarze etwa in Australien und Singapur bereits erfolgreich gegen bodenbürtige Pilze eingesetzt. Auch so genannte «Wishing Trees», von denen es in Hongkong gerade einmal drei gibt, konnten dank Schwarzes Knowhow gerettet werden. Sein über Jahrzehnte gewonnenes Wissen wird mittlerweile nicht nur zur biologischen Kontrolle von holzzersetzenden Pilzen an Bäumen, im Holzschutz von Holzmasten und Holzkonstruktionen eingesetzt, sondern auch zur Verbesserung von akustischen Eigenschaften von Klangholz im Geigenbau.

Informationen
Prof. Dr. Francis W. M. R. Schwarze
Applied Wood Materials
Tel. +41 58 765 72 47

Redaktion / Medienkontakt
Cornelia Zogg
Kommunikation
Tel. +41 58 765 44 54

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Francis W.M.R. Schwarze - Diagnose und Prognose der Fäuledynamik in Stadtbäumen - ein praktisches Handbuch (428 Seiten)