Jedes Jahr stürzen in der Schweiz rund 70’000 Menschen
im Alter über 65 Jahre. Etwa 10'000 erleiden dabei eine
Hüftfraktur. Jede/r Fünfte verliert danach die
Selbständigkeit und benötigt Betreuung in einem
Pflegeheim. 500 SeniorInnen sterben sogar innerhalb eines Jahres an
den Folgen der Fraktur. Mit diesen Zahlen illustrierte Martin Hugi
von der Schweizerischen Beratungsstelle für
Unfallverhütung (bfu) die Auswirkungen eines Sturzes im
Alter.
Da die Lebenserwartung stetig steigt, wird sich die Zahl der
Stürze drastisch erhöhen. Das ist nicht nur ein soziales
Problem, sondern auch ein volkwirtschaftliches; betragen doch die
Folgekosten einer Hüftfraktur etwa 65'000 Franken. Die bfu
entwickelte deswegen ein Programm zur Prävention von
Oberschenkelhalsfrakturen. Dabei spielen Hüftprotektoren eine
wichtige Rolle. Sie bestehen aus zwei harten Schalen, weichen
Kunststoffkissen oder Kombinationen daraus, die in die
Unterwäsche eingenäht oder in dafür vorgesehen
Taschen gesteckt werden. Bei einem seitlichen Sturz dämpfen
sie den Stoss und schützen dadurch die Knochen.
Im Fall eines Falles geschützt
Seit einigen Jahren ist eine Vielzahl an Hüftprotektoren auf
dem Markt und nicht alle weisen dieselbe Schutzwirkung auf. Es
wurde daher immer wichtiger, deren Wirksamkeit unter
realitätsnahen Bedingungen untersuchen zu können. In
Zusammenarbeit mit der bfu entwickelte die Empa daher ein
anatomisch geformtes, mechanisches Hüftmodell (siehe Bild).
„Mit dem Modell lässt sich die Schutzwirkung
verschiedener Hüftprotektoren wissenschaftlich
beurteilen“, so Adriaan Spierings von der Empa-Abteilung
Schutz und Physiologie. Das Modell erlaubt die bei einem Sturz
auf die Hüfte wirkenden Kräfte direkt im
Oberschenkelhals zu messen. Vergleiche mit echten Knochen zeigen,
dass das künstliche Hüftmodell realitätsnahe
Ergebnisse liefert.
In ersten Messserien untersuchte die Empa nun die
Stossdämpfung von zehn verschiedenen Hüftprotektoren. Es
zeigen sich deutliche Unterschiede. Nur drei Produkte erfüllen
die Anforderungen des Empa-Tests – einer Schutzwirkung von
etwa 80 Prozent für die betroffene Bevölkerungsgruppe
– sowie die bfu-Anforderungen in Bezug auf den Tragekomfort.
Sie sind seit kurzem mit dem bfu-Sicherheitszeichen ausgezeichnet.
„Diese Protektoren verhindern zwar keinen Sturz, man
fällt trotzdem um, aber sie retten einem das Leben“,
bringt es Hugi von der bfu auf den Punkt „Ein Segen für
die Menschheit“. Die Produktnamen sind bei der bfu
erhältlich.
Knochen – ein lebendes Organ
Warum aber brechen alte Knochen schneller? „Ein Knochen ist
kein starres, hartes Gebilde, sondern ein lebendes Organ, das sich
ständig auf- und abbaut“, erklärt Gerold Holzer,
Professor der Medizinischen Universität Wien.
Während in der Jugend der Knochenaufbau überwiegt, wird
ab etwa dem 30sten Lebensjahr mehr abgebaut als aufgebaut. Die
Knochendichte nimmt daher langsam ab und die Mikroarchitektur des
Knochens verändert sich. Unterschreitet die Dichte einen
Grenzwert, wird von Osteoporose gesprochen. Infolge dieser
Skeletterkrankung halten die Knochen den normalen Belastungen nicht
mehr stand und schon kleine Unachtsamkeiten können zu
Knochenbrüchen führen.
Autorin
Dr.
Bärbel Zierl, Tel. 044 823 49 09,
Kontakt
Adriaan
B. Spierings, Tel. 071 274 77 76,
Was ist der Wissenschaftsapéro?
An den regelmässig stattfindenden Wissenschaftsapéros
greift die Empa-Akademie fachlich und gesellschaftlich relevante
Themen auf. Jeweils drei bis vier ReferentInnen aus Forschung,
Politik und Wirtschaft präsentieren in ihren Vorträgen
Ergebnisse und Absichten zu dem behandelten Thema. Anschliessend
stehen sie auch den nicht mit dem Fach vertrauten Gästen
entweder in der Diskussionsrunde oder beim Apéro Rede und
Antwort.
Der nächste Wissenschaftsapéro findet statt am 29.
August 2005 zum Thema
«Die Strasse – intelligente Partnerin im
Verkehrsstress».
Ort: Empa, Dübendorf, Zeit: 16.30 Uhr. Es ist keine Anmeldung
erforderlich.
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