Wiederverwendung von E+E Geräten

Die Förderung der Wiederverwendung von elektrischen und elektronischen Geräten bildet wiederholt Gegenstand öffentlicher und politischer Debatten. Das Bewusstsein über die Begrenztheit der Ressourcen, immer kürzere Innovationszyklen und der damit verbundene rasche Wechsel auf Geräte der neuesten Generation haben viele Teile der Gesellschaft für diese Thematik sensibilisiert. Hinzu kommen sinkende Preise und erweiterte Funktionalitäten, welche den Kauf neuer Geräte immer weiter ankurbeln.
Geräte, welche in der Entsorgung landen, werden in der Schweiz seit mehr als 20 Jahren in der Regel direkt dem Recycling zugeführt. Eine Prüfung der Wiederverwendbarkeit dieser Geräte wird vom Gesetzgeber nicht verlangt. Die Rücknahmesysteme von Elektroaltgeräten (EAG), welche ihre Aufgabe im Auftrag der Hersteller, Importeure und Grossverteiler wahrnehmen, sind vertraglich nicht in der Lage und haben auch nur wenig Interesse, eine Wiederverwendung von Geräten vor dem Recycling zu fördern.
Seit einigen Jahren unterstützt eine Reihe von Akteuren auf privater und öffentlicher Seite die Reparatur noch gebrauchsfähiger EAG. Viele Konsumenten und Politiker gehen davon aus, dass aus Umweltsicht eine Wiederverwendung von EAG dem Recycling vorzuziehen ist. Energieeffizienzsteigerungen insbesondere bei Haushaltgrossgeräten haben dieses Bild in den letzten Jahren jedoch verändert. Es stellt sich deshalb die Frage, wo die ökologische Grenze liegt, d.h. für welche Art von Geräten und bis zu welchem Alter eine Wiederverwendung aus ökologischer Sicht zu empfehlen ist.
Aus ökonomischer Sicht steht für einen Kaufinteressenten eines gebrauchten Gerätes die Frage im Vordergrund, wie hoch der Kaufpreis (inkl. allfälliger Reparaturkosten) im Vergleich zur Option Kauf eines Neugerätes ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt von Alter, Zustand und Verkaufspreis des Gebrauchtgerätes ab.
In der vorliegenden Studie wurden die ökologischen und ökonomischen Aspekte einer Wiederverwendung von gebrauchten EAG untersucht. Als Beispiele dienten Waschmaschine, Kühlgerät, Fernsehgerät (LCD-Flachbildschirm), Smartphone und Laptop. Aus ökologischer Sicht zeigte es sich, dass bei Geräten, bei welchen der Grossteil der Umweltbelastung bei Herstellung und Entsorgung anfällt, eine Wiederverwendung immer sinnvoll ist. Es sind dies vor allem die elektronischen Geräte (Laptop und Smartphone). Bei Geräten, welche während der Nutzung Strom und allenfalls Wasser verbrauchen (Kühlgerät, resp. Waschmaschine) und die eine relevante Umweltbelastung in der Nutzungsphase aufweisen, gibt es je nach Alter eine Grenze, ab welcher aus ökologischer Sicht die Wiederverwendung gegenüber dem Kauf eines Neugerätes Nachteile aufweist.
Elektro- und Elektronikgeräte, welche während dem Gebrauch einen wesentlichen Anteil Betriebskosten generieren und zusätzlich eine lange Nutzungszeit aufweisen - typischerweise Haushaltgrossgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlgeräte - zeichnen sich durch hohe Gesamtnutzungskosten (Anschaffungspreis plus Betriebskosten) aus. Verbesserungen im Energie- und Wasserverbrauch haben bei diesen Geräten einen spürbaren Einfluss auf die Gesamtkosten. Der Verkaufspreis eines Gebrauchtgerätes muss - je älter (und ineffizienter) das Gerät ist - deshalb deutlich unter dem Preis eines Neugerätes liegen, damit der Nutzer des Gebrauchtgerätes gesamtkostenmässig besser fährt, als wenn er sich direkt ein Neugerät anschaffen würde. Bei den Geräten der Informations- und Kommunikationstechnologie (Smartphone, Laptop) und der Unterhaltungselektronik (TV-Gerät), welche nur geringe Betriebskosten generieren, ist dies nicht der Fall. Entscheidend ist bei diesen Geräten allein der Kaufpreis. Neuere Geräte, welche günstig angeboten werden, haben dabei besser Chancen einen Käufer zu finden, als ältere Geräte, bei denen in der Regel keine Herstellergarantie mehr vorhanden ist und wo das Risiko eines Ausfalls zunimmt. Es gilt zudem zu bedenken, dass ein Privatverkäufer eines solchen Gerätes, welcher sich des ökonomischen Wertes bewusst ist, zuerst bestehenden Verkaufskanäle wie Ricardo, Tutti oder e-bay nutzt oder das Gerät einem Zweitnutzer über private Kanäle weitergibt, bevor es in einem anderen Wiederverwendungskanal landet.

In dieser Debatte über die Förderung der Wiederverwendung darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Wiederverwendung eines Gebrauchtgerätes nicht in allen Fällen ein neues Gerät ersetzt, sondern teilweise zu einer Mengenausweitung führt (sog. Rebound-Effekt), indem das Gebrauchtgerät zusätzlich weiterverwendet wird (z.B. in der Familie, im Ferienhaus etc.). Dieser Aspekt wurde bisher wenig untersucht.

Unter Berücksichtigung der Resultate der vorliegenden Studie und den Grundsätzen der Abfallbewirtschaftung (Vermeidung-Verminderung-Verwertung-Beseitigung) empfehlen wir:
  • Die regelmässig wiederkehrenden öffentlichen und politischen Debatten zur Thematik der Wiederverwendung von Elektro- und Elektronikgeräten erfordern eine Verstärkung der Informations- und Sensibilisierungsmassnahmen des BafU (z.B. durch Informationen auf der Webseite und durch Informationsbroschüren). Eine punktuelle Erweiterung des in dieser Studie entwickelten und angewandten Modells auf weitere Gerätetypen verbunden mit einer Verallgemeinerung der Aussagen könnte für Konsumenten eine nützliche Hilfe beim Kaufentscheid für Gebrauchtgeräte, resp. der Weiternutzung eines Gerätes sein. Dabei sind die Vorteile und der Nutzen einer Wiederverwendung differenziert darzustellen: Nicht immer macht es Sinn, ein Gebrauchtgerät weiterzuverwenden, resp. als Gebrauchtgerät zu erwerben und nicht immer ersetzt ein Gebrauchtgerät die Herstellung eines Neugerätes.
  • Aktivitäten im Bereich der Reparatur von Geräten sollen weiterhin gefördert werden, z.B. durch Unterstützung der Herausgabe von Reparaturführern. Damit kann vermieden werden, dass noch brauchbare Geräte, welche ein Konsument weiterverwenden möchte, nicht bereits im Recycling landen. Mit Massnahmen direkt beim Konsumenten, der ein eigenes Interesse hat ein Gerät weiter zu benutzen, resp. wieder nutzbar zu machen, erübrigen sich alle Marktüberlegungen.
Kontakt

Heinz Böni
Empa
Technology & Society Laboratory
Lerchenfeldstrasse 5
9014 St. Gallen
Tel. +41 58 765 78 58
heinz.boeni@empa.ch



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