Empa und TISCA TIARA entwickeln neue Bikomponentenfaser

Neuer Kunstrasen mit Stehauf-Qualität

10.02.2011 | BEATRICE HUBER

Forschende der Empa und des «Institute for rapid product development» der ETH Zürich haben zusammen mit dem Schweizer Kunstrasenhersteller TISCA TIARA und dem deutschen Faserhersteller Schramm GmbH eine neuartige Faser für Kunstrasen entwickelt. Die Bikomponentenfaser richtet sich dank ihrem «harten» Kern immer wieder auf und vermeidet aufgrund ihrer «weichen» Hülle Hautschürfungen und Verbrennungen. An zwei Standorten in der Schweiz wurde der Rasen bereits verlegt.

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Verlegung des Rasens in Bürglen, Kanton Thurgau.

 

Kunstrasen sind robust, allwettertauglich und langlebig. Somit sind sie eine günstige und praktische Alternative zu Naturrasen. Sie erlauben es, das ganze Jahr über zu trainieren und zu spielen und sind deshalb nicht nur im Spitzenfussball kaum mehr wegzudenken.

 
 

Fasern des von der Empa und TISCA TIARA entwickelten Kunstrasens.

 

Ein Forschungsteam der Empa-Abteilungen «Advanced Fibers», «Mechanical Systems Engineering», «Protection and Physiology» und des irpd hat nun gemeinsam mit TISCA TIARA, einem Produzenten für textile Bodenbeläge aus dem Appenzell, und dem deutschen Monofilamentgarn-Hersteller Schramm GmbH eine Bikomponentenfaser entwickelt. Diese besteht aus zwei verschiedenen Polymeren. Im Innern enthält sie einen Kern aus Polyamid. Durch dessen starre Eigenschaft ist gewährleistet, dass sich die Fasern nach Belastungen immer wieder aufrichten. Aussen besteht die Faser aus einer reibungsarmen Hülle aus Polyethylen, was Verletzungen bei Stürzen verhindert. Verlegt wurde der Rasen noch vor dem Winter in Bürglen im Kanton Thurgau und in Ecublens beiLausanne. Dies zur vollsten Zufriedenheit der Spieler.Der neue Rasen wird allen Ansprüchen gerecht und kommt seinem Vorbild, dem Naturrasen, optisch sehr nah.

 

Entweder platter Rasen oder Schürfungen
Kunstrasensysteme gibt es bereits seit den 1960er-Jahren. Allerdings wiesen alle bisherigen Generationen Mängel auf: Die erste Generation der Kunstrasen bestand aus Polyamidfasern, die sich nach Belastungen immer wieder aufrichten. Doch genau diese widerstandsfähigen Fasern führten bei Stürzen häufig zu Verbrennungen und Schürfungen.

 

Daher bestanden Fasern der zweiten Generation aus Polyethylen, das deutlich hautfreundlicher war. Aber auch diese Fasern zeigten in der Praxis gewisse Mängel: Das Rückstellvermögen war sehr schlecht. Im Laufe der Zeit führte die Belastung der Fasern zu einem regelrecht platten Spielfeld. Das war nicht nur optisch unschön, die «umgeknickten» Kunsthalme veränderten auch die Spieleigenschaft des Rasens negativ. Daraufhin wurde versucht, die Halme mit Sand oder Granulat zu stützen. Heutzutage sind Rasen mit Granulatfüllung weit verbreitet. Allerdings benötigen granulatverfüllte Rasen einen enormen Wartungsaufwand und verursachen somit hohe Kosten.

 

Vielfältige Anforderungen an das künstliche Grün
«Die Anforderungen an einen Kunstrasen sind sehr vielfältig», sagt Andreas Tischhauser, Marketingverantwortlicher von TISCA TIARA. «So wollen zum Beispiel Fussballer einen besonders weichen Rasen und Bauherren einen sehr langlebigen. Und selbstverständlich muss er auch noch den ökologischen Ansprüchen genügen.»

 

Die neue Faser, die im Rahmen eines von der Förderagentur für Innovation KTI finanzierten Projektes ent-stehen sollte, hatte also verschiedene Wünsche zu erfüllen. Besonders wichtig war aber, dass sie sowohl ein gutes Rückstellvermögen als auch ein optimales Gleitreibungsverhalten aufweist. Zwei Eigenschaften, zwei Komponenten, dachte sich Rudolf Hufenus, Faser-Experte an der Empa in St. Gallen. Folglich musste die zu entwickelnde Faser aus Polyamid und Polyethylen bestehen. Durch Modellierungen wurde der optimale Fa-serquerschnitt hinsichtlich Erholfähigkeit entwickelt. Die ursprüngliche hierbei entwickelte Idee, im Innern der Faser eine dicken Polyamidkern zu haben und aussen eine Hülle aus Polyethylen, scheiterte. Unter Belas-tung spaltete sich nämlich der Mantel vom Kern ab. Durch «Trial and Error» gelangte das Forschungsteam schliesslich zum optimalen Faserquerschnitt: Mehrere dünne Polyamidkerne, umgeben von Polyethylen. Damit ist die Stabilität gewährleistet, ohne dass die Hülle vom Kern weg bricht. Dieser Querschnitt musste auf einer Bikomponentenspinnanlage der Firma Schramm GmbH, einem deutschen Faserproduzenten ge-sponnen und von TISCA TIARA zu einem Teppich verarbeitet werden. «Wir sind die Ersten, die ein solches Projekt von der Faserentwicklung bis zum fertig verlegten Rasen durchgezogen haben», erklärt Rudolf Hu-fenus stolz. Die Stehauf-Qualität der Fasern ist über Jahre gewährleistet, wie der so genannte Lisport-Test zeigen konnte, bei dem die Verschleissfestigkeit geprüft wurde.

 
 

Querschnittsgeometrie der Faser: Im Innern erhält sie fünf dünne Polyamidkerne, aussen besteht sie aus Polyethylen.

 

Der neue Kunstrasen wird folglich auch den Ansprüchen von TISCA TIARA gerecht: «Wir haben die grundlegenden Anforderungen unseres Industriepartners an eine neue Kunstrasenfaser erfüllt», sagt Hufenus.

 
 


 

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