Folgen neuer Technologien abschätzen

Unser Alltag im Netz der elektronischen Helfer

Sep 25, 2003 | MARTINA PETER

«Pervasive Computing» ist eine Vision zukünftiger Informations- und Kommunikationstechnologien: Drahtlos vernetzte Mikroprozessoren werden in alltägliche Gegenstände integriert und allgegenwärtig sein. Die im Auftrag des TA-SWISS (Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung) von Lorenz Hilty und seinem Team erstellte Studie weist auf Chancen und Risiken dieser Entwicklung hin und gibt Empfehlungen für einen reflektierten Umgang mit den technologischen Trends.

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Nicht nur Autos und Kühlschränke werden mit Mikroprozessoren und Sensoren bestückt sein. In nicht so ferner Zukunft sollen auch Brillen mit eingebautem Computer und Display zu kaufen sein. Ein Blick durch die intelligenten Gläser, z.B. im Kunstmuseum, wird reichen, damit die Anwenderin sich über Entstehungsgeschichte des betrachteten Kunstwerks informieren kann. Möglich machen das die drahtlos miteinander kommunizierenden elektronischen «persönlichen Assistenten», die in Zukunft am Körper getragen werden. Es geht noch weiter: Der Einsatz der immer kleiner werdenden Prozessoren, Sensoren, Sender und Empfänger ist auch für den Bereich der Pflege und der Medizin viel versprechend. Insbesondere chronisch kranke Menschen könnten dereinst von den Möglichkeiten der Fernüberwachung profitieren, bis hin zum implantierbaren Chip, der wichtige Körperfunktionen überwacht. Mit Unterstützung von BAKOM, BAG und BUWAL hat die Empa mögliche Nebenfolgen dieser Entwicklung untersucht.

Folgen für Gesundheit und Umwelt

Was uns der bevorstehende «Intelligenzschub» der Alltagsgegenstände im Laufe der kommenden zehn Jahre bescheren wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. Chancen und Risiken lassen sich jedoch orten und qualitativ abschätzen. Sind Auswirkungen auf unsere Gesundheit zu erwarten, wenn wir mehr und mehr von Sendern umgeben sind, die gepulste hochfrequente Funkwellen ausstrahlen? Was bedeutet es für die Umwelt, wenn der Abfall mit toxischen Elektronikkomponenten durchsetzt ist, die im Recycling oder bei der Verbrennung Probleme bereiten? Wird der Stromverbrauch steigen, wenn wir uns mehr und mehr auf «smarte» Utensilien verlassen, die auf eine dauerhaft betriebene Netzwerkinfrastruktur angewiesen sind? Wie steht es um den Schutz der persönlichen Daten und um die Haftung bei Schadensfällen?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die 350-seitige Studie «Das Vorsorgeprinzip in der Informationsgesellschaft», welche die Empa mit mehreren Partnerinstitutionen im Auftrag des TA-SWISS erarbeitet hat. Sie konzentriert sich dabei auf die Anwendungsfelder Wohnen, Arbeit, Verkehr und Gesundheit. Drei Querschnittstechnologien des Pervasive Computing werden ebenfalls untersucht: Wearables («intelligente Kleider»), Smart Labels («intelligente Ettiketten») und neue elektronische Medien («E-Paper»).

Vorsorgeprinzip im Sinne der nachhaltigen Entwicklung

Noch ist Pervasive Computing vorwiegend Zukunftsmusik. Die Infrastruktur befindet sich erst im Aufbau, die meisten Anwendungen sind kaum marktreif. Dies ist genau der richtige Zeitpunkt – so die Studie –, um Vorsorgemassnahmen zu reflektieren und den Gestaltungsspielraum aktiv zu nutzen. Nur so lassen sich die positiven Potenziale einer neuen Technik ausschöpfen und ihre negativen Auswirkungen frühzeitig begrenzen. Die Empa setzt sich in ihrer Arbeit dafür ein, dass das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung im Bereich der Technologie verwirklicht wird.

Aus diesem Grund enthält die Studie eine stattliche Reihe von Empfehlungen zuhanden von Politik, Forschung und Ausbildung sowie privater und öffentlicher Unternehmen. Sie zeigt, wie durch das angewandte Vorsorgeprinzip die Entwicklung von Pervasive Computing gelenkt werden kann und wie sich die zahlreichen positiven Möglichkeiten ausschöpfen lassen.

Text: Martina Peter

 

Weitere Auskünfte erhalten Sie bei:

Prof. Lorenz Hilty, Abt. Nachhaltige Informationstechnologie, , Tel. +41 71 274 73 45

 

 
 
Weitere Dokumente

Studie "Das Vorsorgeprinzip in der Informationsgesellschaft".pdf: 5 MB

Unser Alltag im Netz der schlauen Gegenstände.pdf: 256 KB, Kurzfassung der Studie "Das Vorsorgeprinzip in der Informationsgesellschaft"

TA-SWISS: Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung