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Legende: Der emeritierte ETH-Professor für Materialwissenschaften Alfred Rösli feiert am 7. Dezember 2010 seinen 90. Geburtstag. |
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Diskutieren heute ehemalige ETH-Studentinnen und -Studenten über ihre Zeit bei Alfred Rösli, so können sie kaum glauben, dass ihr «Professor» bereits seit einem Vierteljahrhundert emeritiert ist und seinen wohl verdienten Ruhestand in Rüschlikon geniesst. Er ist als begnadeter Hochschullehrer, der für seine Studentinnen und Studenten stets Zeit hatte und geduldig zuhören konnte, noch derart stark im Bewusstsein verankert, dass man glauben könnte, erst gestern gemeinsam mit ihm auf dem Hönggerberg ein wissenschaftliches Problem erörtert zu haben. Für die Lehre scheute «Fred» Rösli weder Kraft noch Aufwand – und wären Vorlesungen schon damals evaluiert worden, er hätte bestimmt die berühmte ETH-Eule erhalten. |
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Der Sommer 1960 gehörte wohl zur arbeitsintensivsten Periode in der faszinierenden beruflichen Laufbahn von Rösli. Die neue Empa in Dübendorf, seinerzeit das grösste zivile Investitionsvorhaben der Schweizerischen Eidgenossenschaft, befand sich im Bau und erforderte von ihm als Verantwortlichen für die Bauhalle, einer der grössten Experimentierhallen Europas, die volle Aufmerksamkeit. Gleichzeitig wollte es der Zufall, dass Rösli eine der damals modernsten Strassenbrücken «geschenkt» bekam. Die 1954 in Opfikon über die Glatt gebaute Spannbeton-Rahmenbrücke mit V-Stielen musste 1960 beim Bau der Flughafenautobahn durch eine weiter gespannte und höher gelegene Brücke ersetzt werden. Vor dem Abbruch wurde die Brücke der Empa für statische und dynamische Versuche zur Verfügung gestellt. Die daraus resultierenden Fachpublikationen brachten Rösli und der Empa weltweit enormes Ansehen. Röslis Forschungsbericht stand während Jahren auf der Bestsellerliste. |
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Alfred Rösli wurde am 7. Dezember 1920 geboren und besuchte in Zürich die städtischen und kantonalen Schulen. Von 1942 bis 1947 studierte er an der ETH Zürich Bauingenieurswesen. Nach seinem Diplom war er bis 1951 an der Empa als Ingenieur in der Abteilung Beton und Bindemittel tätig. Von 1952 bis 1955 promovierte er an der Lehigh University in Bethlehem (Pennsylvania). Deren Fakultäten für Bauingenieur- und Materialwissenschaften gehörten zu jener Zeit zu den angesehensten der Welt. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass Rösli und viele seiner Schweizer Kommilitonen später Professoren an der ETH Zürich oder an der EPF Lausanne wurden. |
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1955 kehrte Rösli an die Empa zurück; 1966 übernahm er die Leitung der Abteilung Stahlbeton und Betonbauten und 1970 jene des Ressorts Baustoffe. Er förderte vor allem die Bereiche Bauwerksdynamik und Grossversuche und verstand es ausgezeichnet, die der neuen Empa zur Verfügung stehenden modernsten «Werkzeuge», wie den von ihm konzipierten Aufspannboden, mit grossem Erfolg einzusetzen. Dank seiner innovativen Ideen und seinem hervorragenden Ruf konnte er 1969 umfangreiche, grundlegende Untersuchungen für die weltweit erste Schrägseilbrücke mit Paralleldrahtbündeln in Mannheim und für das damals grösste Dach der Welt für die Olympischen Spiele 1972 in München an der Empa durchführen. Damit sorgte er schon in jenen Tagen dafür, dass an der Empa neben dem reinen Prüfen und Testen vermehrt auch Forschung, Entwicklung und anspruchsvolle Dienstleistungen gefördert wurden. |
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1973 wurde Rösli zum ordentlichen Professor für Materialwissenschaften an der ETH Zürich berufen. Die neu geschaffene Professur hatte zur Aufgabe, bei den Bauingenieurstudenten das Interesse für Fragen der Baustoffe zu wecken und ihnen das erforderliche Wissen zu vermitteln. |
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In der Forschung verstand es Rösli, die materialwissenschaftlichen Kenntnisse über Baustoffe zu erweitern und das Gemeinsame in deren Verhalten zu erarbeiten, unter anderem durch umfangreiche theoretische und experimentelle Studien über das Frost-Tausalzverhalten von Beton, die visko-elastischen Eigenschaften der verschiedenen Baustoffe sowie Ermüdungs- und Stabilitätsprobleme an Hochleistungsfaserverbundwerkstoffen. Röslis ehemalige Studenten stehen heute weltweit beruflich im Einsatz, die meisten in führender Position. Ein Beleg für die ausgezeichnete Ausbildung an der ETH Zürich, und dort vor allem bei Alfred Rösli. |
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Alfred Rösli ist zudem der erste Träger der von Hans Erni geschaffenen goldenen Mirko-Roš Medaille, die ihm die Empa 2005 anlässlich ihres 125. Geburtstages in Anwesenheit von Alt-Bundesrat Pascal Couchepin verlieh. |
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