Zu Besuch in der Empa-Abteilung «Beton & Bauchemie»

Beton – seit über 100 Jahren (un)bekannt

Nov 16, 2006 | BEAT ASCHWANDEN
«Profitieren Sie von unserer Fachkompetenz in der Betontechnologie» hiess es in der Einladung, welche die Empa Mitte September verschickte. Gefolgt sind ihr rund 30 Interessierte, die sich über das Leistungsspektrum der Abteilung «Beton & Bauchemie» informieren liessen.
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Legende: Geschliffene Oberfläche von Beton aus Mischabbruchgranulat.

 

Dass ein klassischer Baustoff wie Beton auch heute noch ein wichtiges Thema für die moderne Bauforschung ist, mag überraschen. Obwohl schon seit mehr als 100 Jahren in Gebrauch, gibt Beton noch immer so manches Rätsel auf. Vor allem auf mikroskopischer Ebene laufen Prozesse in dem hochkomplexen Material ab, die erst jetzt – mit neuesten Instrumenten und Methoden – untersucht und nutzbar gemachten werden können. Grund genug für die Empa, ihre Forschungsarbeiten an diesem Baustoff, aber auch ihre Dienstleistungen auf diesem Gebiet einem interessierten Fachpublikum vorzustellen.

 

Für die Industrie: Neben Dienstleistungen vermehrt Betonforschung

Die Vertreterinnen und Vertreter diverser Baufirmen, Ingenieurbüros, Tiefbauämter und Baustoffhersteller konnten sich vor Ort ein detailliertes Bild über die Forschungs- und Prüfkapazitäten der Empa machen. Bauingenieur Roman Loser informierte über das Dienstleistungsangebot der Empa: Ermittlung der Würfeldruckfestigkeit nach 28 Tagen, des Schwind- und Kriechmasses, der Frost- bzw. Tausalzbeständigkeit, der Wasserleitfähigkeit, des Chloridwiderstand und vieles mehr. Die Gäste stellten Fragen zu den verschiedenen Prüfungen nach SIA-, EN- oder anderen nationalen und internationalen Normen. Ein Thema waren etwa die trotz aller Normierung im Bauwesen immer noch auftretenden Schadenfälle, welche die Empa ebenfalls untersucht.

 
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Cathleen Hoffmann erklärt, worauf es beim Recyclingbeton ankommt.
 

Die Bauingenieurin Cathleen Hoffmann zeigte Beispiele zu angewandter Forschung aus den Bereichen Baustoffmanagement und neue Materialien. «Recyclingbeton» und «Selbstverdichtender Beton» (SSC) waren zwei hochaktuelle Themen, die auch die Praktiker brennend interessierten.

Der Leiter der Abteilung, Michael Romer, liess es sich nicht nehmen, zwei Forschungsschwerpunkte selbst vorzustellen, so etwa die «thermodynamische Modellierung der Hydratation von Portlandzement».

 
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Begutachtung von Bohrkernen.
  Dabei geht es darum, das Abbinde- und Erstarrungsverhalten des Portlandzementes – des Bindemittels im Beton – vorauszusagen. Eine derartige Prognose ermöglicht es den Forschenden, bestimmte Betoneigenschaften, beispielsweise hinsichtlich der Dauerhaftigkeit, gezielt zu beeinflussen.
 

Für diese Modellierung sind unzählige Untersuchungen notwendig; so wird beispielsweise das Wasser aus dem fertigen Beton gepresst, um es danach chemisch zu analysieren. Dieses in der Schweiz einzigartige Projekt soll helfen, das System «Beton» besser zu verstehen, um es für die jeweiligen Anwendungen weiter optimieren zu können.

Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Wirkung von Zusatzmitteln wie Verflüssigern. Hierzu forschen zurzeit gleich mehrere Doktorierende. Die Resultate dieser Arbeiten werden über die Zusammenarbeit mit Baustoffproduzenten dann so schnell wie möglich in die Baupraxis überführt.

Beton ist alles andere als grau

Schöne Bilder gab es anschliessend bei Andreas Leemann zu sehen. Der Geologe fertigt von Beton Dünnschliffpräparate an, um etwa die Gesteinskörnung und die Luftporenverteilung zu untersuchen. «So lässt sich sogar noch mehr über den Beton herausfinden als mit den rein physikalischen Methoden», erklärt Leemann.

 
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Ein Dünnschliffpräparat unter dem Polarisationslichtmikroskop.
 

Hält er eine auf die «Dicke» von 0.03 Millimeter geschliffene Probe unters Mikroskop, schillert der sonst so graue Beton sowohl im Durch- als auch im Auflicht in den schönsten Farben. Diese sind jedoch nur ein Nebeneffekt. Sichtbar werden unter dem Mikroskop beispielsweise verwendete Zusatzstoffe wie Flugasche. Es zeigt sich auch, wenn etwa zu lange verdichtet wurde.

 
Dann entmischt sich der Beton und seine Qualität, etwa die Festigkeit, nimmt ab. Zudem sind in ihm nicht mehr genügend Luftporen vorhanden, was zu Problemen bei der Frostbeständigkeit führt. Zu guter Letzt nutzten die Besucher und Besucherinnen den Apéro als treffliche Gelegenheit, über die vielen Eindrücke miteinander zu diskutieren und zu fachsimpeln.
 
Weitere Informationen:
Cathleen Hoffmann, Abt. Beton & Bauchemie, Tel. 044 823 41 38,
Dr. Michael Romer, Leiter Abt. Beton & Bauchemie, Tel. 044 823 41 35,


Redaktion:

Rémy Nideröst, Abt. Kommunikation, 044 823 45 98,